Teilansicht der Nacht

Vorläufige Hölle, Bd. 3

16,00 
inkl. 7 % MwSt.

Aus dem Portugiesischen von Michael Kegler, 144 Seiten, Hardcover, auch als E-Book erhältlich

ISBN

978-3-86241-434-5

Erschienen

02/2017

Alle Bücher von bei Assoziation A

Beschreibung

Platz 5 der Litprom-Bestenliste Weltempfänger, Sommer 2017!

Der »Fortschritt« – Schlagwort der technokratischen Siebzigerjahre, in Brasilien Parole der Militärdiktatur – kommt bis nach Cataguases: Anstatt in gemieteten Verschlägen am Flussufer auf das nächste unweigerliche Hochwasser zu warten, baut, wer es sich leisten kann, im Stadtteil »Paraíso« am Stadtrand, wo gestern noch magere Kühe zwischen Termitenhügeln an trockenem Gras kauten, bescheidene Häuser aus Backstein, vier Zimmer, Wasserhahn in der Küche, Fernseher. Den Kindern soll es einmal besser gehen.

Ein Zirkus kommt in die Stadt. Karneval, Weihnachtsgeld, Fußball und ein hellblauer VW-Bus sorgen für Aufregung. Man staunt über emanzipierte Frauen, die aufsässige Jugend, sich lockernde Sitten, einen Mord und eine Radiosendung, in der die Deutschen angreifen.

Luiz Ruffatos fünfbändiges Romanprojekt »Vorläufige Hölle« ist ein historisches Porträt Brasiliens auf dem Weg von der Agrargesellschaft in das postindustrielle Zeitalter aus der Perspektive der arbeitenden, gewöhnlichen Menschen. Sein »kollektiver Roman« wechselt Perspektiven und Erzählzeiten, gehorcht eher der subjektiven Ordnung des mündlichen Erzählens und Erinnerns als einer strengen Chronologie und vermengt Geschehenes mit Gehörtem zu sprachlich faszinierenden Collagen.

Auch im dritten Band des Romanwerks, der auf dem Hintergrund der 1970er Jahre zwischen Militärdiktatur, Pop und vermeintlichem Fortschritt im brasilianischen Hinterland spielt, vermischen sich Fiktion und Erinnerung, staunende Kinderaugen und das Delirium Sterbender zu einem kraftvollen Tableau all der unspektakulären Leben, die eine Gesellschaft ausmachen.

Selten hat jemand über eine brasilianische Favela so eindringlich und einprägsam geschrieben wie Luiz Ruffato.
SWR, Eva Karnofsky mehr …

Das Buch ist ein hervorragendes Beispiel, was Literatur kann.
Literarisches Quartett des Kulturbüros Göttingen mehr …

Der Roman entwickelt einen ungeheueren Sog. Schnelle harte Schnitte, Perspektivwechsel, innere Monologe wechseln mit Dialogen, Montagen aus Geräuschfetzen, Radio- und Fernsehsendungen, Beschreibungen; alles zusammen ergibt puzzleartig ein Gesamtpanorama der brasilianischen Gesellschaft.
Eva Demmelhuber, Bayerischer Rundfunk mehr …

Seine kantigen Personen bäumen sich gegen die Macht des Elends auf oder gehen darin unter. Atemlos, stakkatohaft, hämmert er einem seine Satzfetzen ein und stanzt sie in kompakte Spannungsbögen. Ruthard Stäblein, Litprom-Bestenlisten Weltempfänger Luiz Ruffato verfolgt das wohl ambitionierteste Vorhaben in der brasilianischen Literatur der Gegenwart. Eine Chronik seines Landes im 20. Jahrhundert als dichter Teppich, gewebt aus den Fäden verschiedener Arten von Sprache, Fragmente aus Werbung und Alltagskultur, das Gesprochene und Gedachte seiner Figuren.
Johann Kneihs, Ex libris, Ö1

Luiz Ruffato kritisierte seine Heimat schon zu einer Zeit, als fast alle anderen noch in Feierlaune waren. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau spricht er über den aktuellen Rechtsrutsch in Brasilien, sein literarisches Schaffen und den Romanzyklus “Vorläufige Hölle”.
Brasilien ist ein gewalttätiges Land, Interview FR, 10.4.2018 mehr …