Die Geburt der Dritten Welt

Hungerkatastrophen und Massenvernichtung im imperialistischen Zeitalter

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Aus dem Englischen von Ingrid Scherf, Britta Grell und Jürgen Pelzer, 464 Seiten, Paperback, Dt. Erstausgabe 2004, 5. Aufl. (Neuausgabe) 2025

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ISBN

978-3-86241-511-3

Erschienen

04/2025

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Beschreibung

Ende des 19. Jahrhunderts zerstörten Dürren ungeheuren Ausmaßes wiederholt die Ernährungsgrundlagen in den Teilen der Erde, die später als »Dritte Welt« bezeichnet wurden.

Zwischen 1876 und 1879 sowie zwischen 1896 und 1900 starben in als klimabedingt definierten Hungerkatastrophen und nachfolgenden Epidemien in Äthiopien, Indien, China und Brasilien zwischen dreißig und sechzig Millionen Menschen. Als unmittelbarer Auslöser dieser ungeheuerlichen Massenvernichtung wurden in der Wissenschaft Wetterphänomene wie El Nino verantwortlich gemacht. Doch die Natur allein ist selten so tödlich.

Mike Davis legt in seiner einzigartigen politischen Ökologie des Hungers die Hintergründe zwischen Weltklima und Weltökonomie im imperialistischen Zeitalter frei, die zur »Geburt der Dritten Welt« führten und bis heute nachwirken.

»Wir haben es mit anderen Worten nicht mit ›Hungerländern‹ zu tun, die im Brackwasser der Weltgeschichte ins Abseits gerieten, sondern es geht um das Los der Menschheit in den Tropen, das sich just zu einem Zeitpunkt (1870-1914) änderte, als deren Arbeitskraft und Produkte zwangsweise in die Dynamik der von London gesteuerten Weltwirtschaft integriert wurden. Millionen starben nicht außerhalb des ›modernen Weltsystems‹, sondern im Zuge des Prozesses, der sie zwang, sich den ökonomischen und politischen Strukturen anzupassen. Sie starben im golden Zeitalter des liberalen Kapitalismus; viele wurden, wie wir sehen werden, aufgrund der dogmatischen Auslegung der orthodoxen Prinzipien von Smith, Bentham und Mill regelrecht ermordet.«

Auszeichnung mit dem »World History Association Book Award« 2002
Platz 3 der Sachbuchbestenliste, September 2004
Buch des Monats, konkret, Oktober 2004
Bücher des Monats, Literaturen, November 2004

Die Etablierung der modernen Weltwirtschaft unter englischer Regie hatte insbesondere für China und Indien eine radikale ökonomische Verschlechterung zur Folge: Im 18. Jahrhundert noch waren Arbeiter in Indien rechtlich und wirtschaftlich deutlich besser gestellt als in Britannien. Für Davis ist deshalb die entscheidende Frage, warum sich gerade die sehr erfolgreichen asiatischen Ökonomien nicht an die neuen Wettbewerbs- und Produktionsbedingungen anpassen konnten.
Gottfried Oy, Alle reden vom Wetter, Frankfurter Rundschau

Der Stadtsoziologe Mike Davis untersucht den historischen Zusammenhang zwischen Wetter, Hunger und Imperialismus
Mark Terkessidis: Dürre und Kapitalismus, taz, 25.9.2004 mehr …

Ein Überblick über die wichtigsten Rezensionen (ZEIT, SZ, taz, FR) findet sich bei Perlentaucher.
Perlentaucher mehr …

Weite Regionen der Welt wurden durch Europäer systematisch verelendet. Diese These belegt der US-Historiker Mike Davis am Beispiel des Weltwissens über Naturkatastrophen. Hanna Leitgeb liest diese horrende Studie mit Empörung und Wut.
Hanna Leitgeb, Bücher des Monats, Literaturen, Nov. 2004

Wichtiger erscheint, dass Mike Davis, indem er historische Ereignisse als Kommentar heranzieht, zugleich einen wichtigen Beitrag zur historischen Tiefendimension der Globalisierung leistet. … Davis Buch ist auch ein bedeutender Beitrag zu den jüngst intensiv gestellten Fragen nach den ökologischen Auswirkungen von Kolonialismus und Imperialismus. Die zwangsweise Eingliederung in den Weltmarkt, das Ersetzen bäuerlicher Subsistenzwirtschaft durch den Anbau von cash-crop führte zum Niedergang eines über Jahrhunderte entwickelten Katastrophenschutzes. … Davis zeigt die blutigen Kollateralschäden dieser Politik.
Jürgen Zimmerer: Euphemismus Globalisierung?, SZ, 20.11.2004

Mike Davis analysiert die Geschichte des viktorianischen Kolonialismus wie einen Wirtschaftskrimi und definiert so den „Ökologischen Imperialismus“ neu. Die Grundlagen für die bis heute andauernde extreme globale Ungleichheit wurden für Davis in dieser Zeit gelegt, und Hungersnöte, Verarmung und die Zerstörung der (in keiner Zeile romantisch verklärten) Subsistenzwirtschaft in den Ländern des Südens haben die „Dritte Welt“ entstehen und die Kolonialherren reich und wohlhabend werden lassen: Wir sind so reich, weil sie so arm sind.
Stefan Thimmel: Europäer sind wie Heuschrecken, INKOTA-Brief

Die Hungersnöte waren das Resultat der britischen Großmachtpolitik, die sehenden Auges Millionen elend zugrunde gehen ließ.
Gaby Weber: Gemachte Katastrophen, ila 282 mehr …

Das Buch sollte Pflichtlektüre für Geschichtslehrer sein.
Jan Rintelen mehr …

Eloquent und voller Leidenschaft, das wahre Schwarzbuch des liberalen Kapitalismus.
Tariq Ali

Ein Stück erstklassiger Geschichtsschreibung. (…). Ein enorm wichtiger Beitrag, der erklärt, wie in der Welt des ausgehenden 19. Jahrhunderts die Kapitalisten die klimatischen Wechselfälle gezielt ausnutzen, um das zu schaffen, was wir heute als Unterentwicklung bezeichnen.
Immanuel Wallerstein

Davis hat erneut ein Buch vorgelegt, das sowohl von großem historischen Interesse wie auch für das Verständnis der Gegenwart von Bedeutung ist. Es illustriert die verhängnisvollen Konsequenzen einer Politik, die auf extremer ökonomischer Ungleichheit und vollkommen unausgeglichenen Machtverhältnissen basiert.
Amartya Sen, The New York Times Book Review