Daß die Verlage Libertäre Assoziation / Schwarze Risse ein für einen linken Kleinverlag bemerkenswertes literarisches Programm besitzen, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Während die Namen Nanni Balestrini, Mauricio Rosencof und Paco Ignacio Taibo II in Deutschland jedoch nur KennerInnen romanischsprachiger Literatur und Linken ein Begriff sind, ist der nun bei VLA verlegte Luis Sepúlveda auch hierzulande ein renommierter Autor. ... Der aus Chile stammende Luis Sepúlveda hat im spanischsprachigen Raum das Image des Vagabunden-Schriftstellers. Seine Romane handeln von umherschweifenden Helden oder gleich vom Reisen. Außerdem gehört er zu dem Kreis der roten Krimi-Autoren um den Mexikaner Taibo, die den schwarzen Krimi von Chandler oder Malet politisch neu aufgeladen haben. ... Ein in Deutschland im Exil lebender Chilene, der sich an der Reeperbahn als Türsteher durchschlägt, wird von einer Versicherungsgesellschaft angeheuert, dem Verbleib eines Goldschatzes in Patagonien nachzuforschen. Die Münzen sind Teil eines von Nazis geraubten jüdischen Privatvermögens und gelangen über einen fahnenflüchtigen deutschen Soldaten 1941 nach Argentinien. Doch auf der Spur der Goldmünzen ist nicht nur der Exilant und Ex-Guerillero Juan Belmonte, sondern auch eine hängengebliebene Stasi-Seilschaft, die den Sprung in die Marktwirtschaft auf ihre Weise zu vollziehen versucht. So entsteht eine kleine Verfolgungsjagd, in die sich zahlreiche andere Stränge hineinweben: eine Abrechnung mit dem Parteikommunismus und den Säuberungen gegen die Linke (vor denen Belmonte schon in den 80ern aus Nicaragua fliehen mußte), eine kleine Liebeserklärung an den unerträglich kalten patagonischen Süden, die Melancholie des gescheiterten Revolutionärs und einige wirklich witzige Passagen über den Gemütszustand der Deutschen, für die ein Schwarzkopf immer ein Türke ist und am besten sofort zu verschwinden hat. ... Der Charakter des Ich-Erzählers Juan Belmonte bleibt einem auf jeden Fall in Erinnerung. Manchmal erinnert er stark an den zigarettenrauchenden Philippe Marlowe, doch dann ist er wieder ganz der von Melancholie gequälte ewige Verlierer, der auch nach 30 Jahren nicht aufgeben will. La lucha sigue, Compañero Belmonte!
Raul Zelik Ein roter Philippe Marlowe aus arranca


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